INSZENIEREN. LITERARISCHE PROSATEXTE AUF DER BÜHNE
Universität Köln, Seminar Wintersemester 2019/20
Lehrauftrag am Institut für Komparatistik & Institut für Deutsche Sprache und Literatur
„Der Zauber des Romans ist das Atmosphärische, das sich herstellt durch ein Lesegefühl. Dieses Gefühl zu verstehen und mit den Mitteln des Theaters zu ergreifen, gleichsam in die lyrische Dimension zu übersetzen, ist die Aufgabe eines adaptierenden Regisseurs“, schreibt der Regisseur Alexander Eisenach 2018 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu Romanadaptionen im Theater.
Denn Ausgangspunkt für eine Inszenierung ist längst nicht mehr zwangsläufig ein Dramentext. Theaterabende und Performances werden ausgehend von bestimmten Themen entwickelt. Gegenwärtige Theatertexte entziehen sich oft jeglicher Gattungszuordnung. Prosatexte wie Romane, Novellen, Erzählungen, Graphic Novels oder Bilderbücher werden für die Bühne bearbeitet. Doch wie gelangen literarische Prosatexte eigentlich auf die Theaterbühne?
In diesem Seminar übernehmen wir die Aufgabe des oder der adaptierenden Regisseur*in: Wir entwickeln ein Handwerkszeug, um erzählende Literatur im Hinblick auf ihre szenische Darstellbarkeit zu lesen und uns gleichzeitig Kenntnisse über den Produktionsprozess einer Adaption im aktuellen Theaterbetrieb zu erarbeiten. Welche Möglichkeiten und Besonderheiten bietet beispielsweise ein Roman als Inszenierungsgrundlage? Wie erreiche ich einen assoziativen Zugang zu seinem spezifischen Kosmos, zu seiner Ästhetik und Atmosphäre? Wie finde ich heraus, was mich am Text inhaltlich und konzeptuell packt? Wie setze ich thematische Schwerpunkte, um ein künstlerisches Konzept zu entwickeln? Wie wird ein Roman dramatisiert? Und nicht zuletzt: Welche praktischen Fragen gilt es zu beachten, wenn ich einen Roman auf die Bühne bringen will?
Im Seminar analysieren wir zunächst einige exemplarische Inszenierungen von Prosatexten und erarbeiten uns so einen Horizont für den Stand der Dinge im Gegenwartstheater. Am Beispiel des Romans „33 Bogen und ein Teehaus“ von Mehrnousch Zaeri-Esfahani werden dann in theaterpraktischen Recherche-, Schreib- und Inszenierungsübungen Zugänge zu individuellen szenischen Fantasien eröffnet und diskutiert. Begleitet werden diese von Einblicken in den Produktionsprozess von „33 Bogen und ein Teehaus“ am Theater Bonn in der Spielzeit 2018/19.